Oldenburg/fs. Die Voraussetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Hier die Gastgeber vom SSV Jeddeloh II, seit fünf Spielen ohne Sieg. Dort der VfB Oldenburg, der mit drei Siegen in Serie die Fahrt zum Nachbarn antritt. Klingt nach klaren Verhältnissen, doch wer genauer hinschaut, erhält ein anderes Bild, denn die Ammerländer sind nur schwer zu knacken.
Der Saisonstart war wenig verheißungsvoll. Einem 1:1 beim FC St. Pauli II ließen die Jeddeloher eine 0:7-Niederlage beim 1. FC Phoenix Lübeck folgen. So heftig die Klatsche auch war, so deutlich ist die Reaktion ausgefallen, denn nur drei Tage später besiegte der SSV den SV Meppen mit 2:1. Seitdem haben die Ammerländer nur noch ein weiteres Spiel gewonnen, 2:0 gegen den Hamburger SV II, aber auch nur noch eines verloren, mit 0:1 gegen Teutonia Ottensen 05.
Stattliche acht Unentschieden weist die Statistik für die Mannschaft von Key Riebau aus, die seit fünf Spielen auf den dritten Sieg wartet. Aktuell reicht das für Tabellenplatz 12, der angesichts des Kaders durchaus ein wenig hinter den Erwartungen ist. Denn Sportdirektor Olaf Blancke und Trainer Key Riebau haben im Sommer einen personellen Umbruch vollzogen. Insgesamt zwölf Spieler wurden verabschiedet, darunter auch Akteure, die das Spiel der Ammerländer in den vergangenen Jahren geprägt haben, wie etwa Shaun Minns und Kevin Samide, aber auch Ibrahim Temin und Miguel Fernandes.
Bei der Auswahl der Neuzugänge, insgesamt zehn Spieler wurden verpflichtet, ist den Verantwortlichen eine interessante Mischung gelungen. Talente aus der Region, wie etwa Jannik Dellwisch vom SV DJK Elsten oder Tim Janßen vom VfL Oldenburg wurden ebenso unter Vertrag genommen, wie sehr erfahrene, teils international bewährte Routiniers. Pierre Becken vom BSV Rehden zählt dazu, aber vor allem auch Kamen Hadzhiev. Der mittlerweile 32-Jährige ist den Fans des VfB Oldenburg aus seiner Zeit bei den Blauen noch in bester Erinnerung. Nach verschiedenen Stationen, vor allem in seiner Heimat Bulgarien, zog es den Mittelfeldspieler, der sogar ein Länderspiel bestritten hat, jetzt zurück in die Region. Er will hier sesshaft werden und hat dem Vernehmen nach am Kanal für fünf Jahre unterschrieben.
Die zwei Routiniers verstärken eine Mannschaft, der es an Erfahrung ohnehin nicht mangelt, denkt man an Ex-Profi Konstantin Engel, aber auch an Bastian Schaffer, mittlerweile Kapitän, oder Marcel Gottschling und natürlich an Julian Bennert. Der 32-Jährige spielt mittlerweile im zehnten Jahr für den SSV und hat sich seinen Stammplatz im Angriff zurück erkämpft. Zwar ist Bennert nur selten über volle 90 Minuten am Ball, zählt aber zum unverzichtbaren Stammpersonal des Trainers-Rückkehrers.
Durchaus überraschend hatte der SSV im Sommer Björn Lindemann freigestellt und sich bei der Neubesetzung jenes Trainers erinnert, der die Ammerländer in die Regionalliga und auch in den DFB-Pokal geführt hatte. An die Erfolge aus der Zeit zwischen 2016 und 2018 möchte man am Kanal gerne anknüpfen, zumal sich dort vieles verändert hat. Allen voran das Stadion wird stetig ausgebaut. Überdachte Sitzplatztribünen wurden teils in Eigenregie erstellt und jetzt soll nicht nur ein neuer VIP-Bereich entstehen, der Verein will auch das Flutlicht erneuern.
Sportlich ist es Riebau gelungen, seiner Mannschaft ein klares Konzept zu vermitteln, in dem erfahrene Akteure den Takt vorgeben. Im Tor setzt der Trainer auf den Griechen Nikolaos Koliofoukas, der Felix Bohe als Nummer eins abgelöst hat. In der Abwehr sind Niklas von Aschwege und Pierre Becken unverzichtbar. Im defensiven Mittelfeld führt kein Weg an Kamen Hadzhiev vorbei, für offensive Akzepte ist Marcel Gottschling zuständig und im Angriff ist Julian Bennert ebenso gesetzt, wie Simon Brinkmann. Beide haben bislang je zwei Tore erzielt. Bester Torschütze ist Gasra Ghawilu, der drei seiner vier Treffer allerdings vom Elfmeterpunkt erzielte.
Zwar scheinen die Ammerländer nicht die ganz große Torgefahr auszustrahlen, denn bislang hat die Mannschaft erst 14 Treffer erzielt, doch die große Stärke ist ihre Kompaktheit. Vom Spiel bei Phoenix abgesehen, präsentiert sich der SSV defensiv stabil, ist aggressiv in den Zweikämpfen und läuferisch stark. Vergnügungssteuerpflichtig wird es für den VfB Oldenburg am Samstagnachmittag kaum.
Immerhin, akustisch dürfte es für die Blauen ein Heimspiel werden. Der Gästesektor ist bereits ausverkauft und auch in anderen Bereichen des Stadions an der Wischestraße werden viele VfB-Fans dabei sein. Ausverkauft ist das Spiel allerdings noch nicht. Es wird auch an der Tageskasse Karten geben. 638 Fans besuchen im Durchschnitt die Spiele des SSV Jeddeloh II, der natürlich auf einen Rekordbesuch für diese Saison hofft.
Der VfB kommt mit dem Selbstvertrauen von drei Siegen in Serie zu den Nachbarn, weiß aber um die Schwere der Aufgabe. Offen ist, auf wen Cheftrainer Fuat Kilic zurückgreifen kann. Rafael Brand könnte nach seiner Muskelverletzung wieder in den Kader zurückkehren, auch Christopher Buchtmann dürfte dabei sein.
Sicher ist, die Oldenburger werden an ihre zuletzt guten Leistungen anknüpfen müssen, denn sie treffen auf einen Gegner, für den das Spiel gegen den VfB zum Teil noch immer einer der emotionalen Höhepunkte der Saison ist. Zahlreiche SSV-Spieler, wie Bennert, Schaffer, Gottschling oder Hadzhiev, haben auch schon das VfB-Trikot getragen und sind noch motivierter als ohnehin. Zudem taten sich die Oldenburger am Kanal oft schwer, konnten in der Liga dort bislang noch nicht gewinnen. Das allerdings wird den VfB kaum stören.
Die Mannschaft von Fuat Kilic hat zuletzt nicht nur mit großer Leidenschaft überzeugt, sondern sich auch fußballerisch deutlich entwickelt. Gegen Hannover 96 II machten die Blauen diesbezüglich ihr vielleicht bestes Saisonspiel. Zudem hat der VfB defensiv enorm an Kompaktheit gewonnen und zuletzt nachhaltig gezeigt, dass die Mannschaft auch mental sehr stabil ist. Die Voraussetzungen sind also gut, um die Siegesserie auszubauen.